Es ist nichts Halbes – es ist nichts Ganzes.
Original-Vortrag. Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 365

1.
Wie war`n die Tänze früher nett!
Die alten tantzen Menuett,
`ne Polka tanzt` die junge Schar -
Und dann der Walzer - wunderbar!
Doch jetzt verrenken Mann und Weib
Nach fremden Klängen sich den Leib.
Wie tanzen heut`
Die jungen Leut?
Es ist nichts Halbes - es  ist nichts Ganzes,
`s ist mal zu heftig, mal zu salopp,
Ich bin kein Freund dieses Firlefanzes,
Es ist kein Walzer, `s ist kein Galopp.
`s ist nur ein Wälzen - heut schiebt man lieber,
Man ist kein Tänzer - man ist ein Schieber,
Man stößt am Knie sich `nen blauen Fleck,
Man hebt die Beine und kommt nicht weg.

2.
`s gab ein Professor uns die Lehr`
„Wir brauen Affen, mehr und mehr."
Die Affenzucht, die preist er laut,
Ein Affenzuchthaus wird gebaut
Zu unsrem Heil, weil unbedingt
`ne Affendrüse uns verjüngt.
Das Resultat
Ist ziemlich fad:
Es ist nichts Halbes - es  ist nichts Ganzes
Man ist kein Mensch und man ist kein Tier,
Mal ist`s das Wilde des Affentanzes,
Mal ist`s die milde, die Mensch-Manier.
Wir werd`n jetzt alle nochmal geschaffen -
Vom Affen stamm`n wir, werd`n wieder Affen,
Wir leb`n noch mal, - es ist  sehr absurd
Als Menschen-Affen-Kompromißgeburt.

3.
man spricht jetzt oft von einem Geist,
den man den „Geist Locarno's“ heißt.
Hallo man ihn – und bald darauf
gibt man den Geist auch wieder auf.
Zu 'nen Minister sagt ich heut:
„Ist dieser Geist 'ne Wirklichkeit?
Ist's ein Gespenst,
dass du so nennst?“
„Es ist nichts Halbes – es ist nichts Ganzes,
es ist kein Körper, es ist kein Geist,
mal 'ne Parade des Mummenschanzes,
mal ist's ein Bund, der den Frieden preist.
Es ist nichts Falsches – es ist nicht Echtes,
es ist nicht Gutes – es ist nichts Schlechtes,
A bißerl Lieb und a bißerl Treu –
a bißerl Falschheit ist auch dabei.“

4.
Zwei Mädchen frei`n zu gleicher Zeit.
`nen Jungen nahm die eine Maid,
Die andre `n Alten - treffen sich -
Die eine sagt: "Ich freue mich,
Mein Junger küßt - `s ist ein Genuß!
Wie ist vom Alten so ein Kuß?
Erzähl es mir."
Die sagt zu ihr:
Es ist nichts Halbes - es  ist nichts Ganzes,
Ein bißchen Lust und ein bißchen Last,
`s ist nur ein Lockern des Myrthenkranzes,
Er faßt nicht feste - er fäßt nur fast.
Es ist kein Küssen - `s ist ein Küßchen,
Es ist kein Bissen - `s ist nur ein Bißchen.
Man weiß nie, was man genossen hat,
Man ist nicht hungrig, man ist nicht satt."

5.
Für Rassenhunde schwärm' ich sehr,
Ihr Stammbaum zeigt genau: Woher.
Bei andern ist das nicht der Fall,
Die hab`n ihr`n Stammbaum überall.
Zu welcher Gattung zählen die?
"Prom`naden-Mischung" nennt man sie.
Ach, solche in Vieh
Liebt' ich noch nie!
Es ist nichts Halbes - es  ist nichts Ganzes
`s ist kein Gespringe - `s ist kein Gehops
Die Straß`durchwatschelt voll Arroganz es,
Es ist kein Dackel - es ist kein Mops.
Es ist kein Pintscher - es ist kein Pudel,
`s ist ein Gehudel, ein ganzes Rudel,
`s ist ein Gekoppel des Ungeschmack`s,
Es ist ein Pintscher-Pudel-Moppel-Dachs!

6.
's gab 'ne Reform in der Türkei,
die Haremsdamen wurden frei.
Auch die Eunuchen fluchen sehr,
die hab'n da nichts zu suchen mehr.
Jüngst traf ich ein'n und fug im Spaß:
„Eunuche sein, was ist denn das?“
Er griff ans Herz
und sang Vorschlags:
„Es ist nichts Halbes – es ist nicht Ganzes,
es ist kein Fleisch und es ist kein Fisch,
das letzte Leuchten entschwund'nen Glanzes,
man ist nicht alt, und man ist nicht frisch.
Man ist nicht Täub'rich, man ist kein Täubchen,
man ist kein Männchen, man ist kein Weibchen,
man wird nie wieder so wie vorher,
schön ist die Jugend – sie kommt nicht mehr.“

7.
’ne junge Frau kocht dem Gemahl
das erstemal das erste Mahl.
Kauft’ Fleisch, so viel im Laden war,
um sechs Uhr abends war es gar.
Bringts’s in ’nem Riesentopf hinein
und sagt: „Das soll ein Gulasch sein.“
Er tut erfreut –
und denkt voll Leid:
,Es ist nichts Halbes – es ist nichts Ganzes,
sie tat zuviel in den Topf hinein,
den Kopf des Kalbes – den „Ochs des Schwanzes“,
das Bein vom Hammel – den Bauch vom Schwein.
’s ist nicht verpfuscht und ’s ist nicht geraten,
’s ist nicht gekocht und ’s ist nicht gebraten.´ –
Er frißt’s und denkt mit betrüblichem Sinn:
„’s ist ganz egal – ’s bleibt ja doch nicht drin!“

8.
Es ließ ein junges Mägdelein
Sich viel zu tief mit Männern ein.
Erst nahm der Ernst von ihr Besitz –
Dann kam der Franz, dann kam der Fritz –
Dann kam Herr Schmidt, dann kam Herr Kraus –
Und schließlich kam – der Storch ins Haus.
Das Kind – o Graus!
Wie sieht es aus?
Es ist nichts Halbes – es  ist nichts Ganzes,
Den Blick des Ernstes bekam es mit,
die Nas` des Fritzes, das Ohr des Franzes,
Das Haar vom Kraus und den Mund von vom Schmidt,
`s ist so was Krauses, so was Zerfritztes,
So was Zerfranztes, was Ernst-Verschmitztes – – –
Und schreit das Kind mal nach dem Papa,
Dann kommt die ganz G.m.b.H.

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