Damenwahl
Original-Potpourri von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 295

Es gibt jetzt einen neuen Brauch
in unsrer Politik,
die Damen dürfen wählen auch
in unsrer Republik.
Sie sind zu diesem Amte reif,
das liegt doch auf der Hand,
denn wem der Herr ein Amt gibt,
dem gibt er auch Verstand.
„Strömt herbei, ihr Damenscharen,“
heißt es an dem Tag der Wahl.
Erst kommt 'ne Frauenrechtlerin,
die sagt: „Nur ich bin schlau,
'nen Mann zu wählen find' ich dumm,
ich wähle nur 'ne Frau.
Ich wähl' mich selber – und mein Mann,
der schafft im Haus umher,
Jawohl, die Reden halte ich,
die Kinder, die hält er.
So muss es sein – die Frau allein
bei dir im Reichstagshaus.
Bloß, stellt einmal der Storch sich ein,
ist's mit der Sitzung aus.
Um nun zu hindern, dass die Frau
'ne Sitzung überschlägt,
werd'n künftig die Geburten in
die Ferienzeit verlegt. – –
Dann kam eine Maid, die sehr schüchtern war – Ach nein!
Die kriegte 'nen Schreck vor der Männerschar – Ach nein!
Der eine der sagte und gab ihr'n Schein:
„Nun gehn Sie dahinten und tun Sie'n rein,
da hinter dem Vorhang allein.“ –
Da sagte das Mägdelein:
„Was fällt ihnen ein! Da soll ich rein?
Das kann nicht sein – das wär nicht fein
ich ganz allein – im Kämmerlein
mit einem Schein – und steck' ihm rein – Ach nein!“
Hierauf kam 'ne Dicke, die schrie: „Ich ersticke.
Hier hinterm Vorhang komm' ich nicht vom Fleck.“
Dann kommt eine lange, dürre Hopfenstange,
die guckt gleich über'n Vorhang drüber weg.
Eine hört nur flüchtig – und sie macht's nicht richtig –
eine sieht schlecht – darum schreit sie bald:
„Sie müssen's Licht anzünden – ich kann's Loch nicht finden –
ich bitt' um 5 Minuten Aufenthalt.“
Eine Frau, sehr kokett, die frägt jeden um Rat:
„Was zieht man an bei der Wahl,
wie mach' ich Staat für den Staat? –
Blau, rot oder grün? –
Ich weiß nicht, was ich tu'.
Wer die Wahl hat, hat die Qual“ – – und sie kommt nicht dazu.
Eine and're sinnt nach:
„Ach, ich weiß nicht genau –
der Kahl ist zu ernst
und der Dernburg zu schlau –
wähl' ich 'n Haase'n, 'n groben Gröber,
'n strengen Noske – nein, ich wett'!
Den Erzberger wählt' ich, der lacht immer so nett.“

'ne dicke Schlächtersgattin
hat jedem dort gequält:
„Stimm'n Sie für meinen Alten –
vielleicht wird er gewählt,
dann wird er ohne Frage
als Präsidente schon
und sitzt dann alle Tage
wie'n Kaiser auf'n Thron.
Und ich, ich sitz' daneben,
das Zepter in der Hand
und helf' ihm bei's Regieren
als Mutter von das Land.
Und sagt der abends: Jette –
nu komm' ins Bette schon,
sag ich: Geh' du ins Bette –
ich bleibe auf dem Thron.“
'ne alte Jungfer – schon hmzig Jahr',
die ward gefragt, warum sie nicht ein Wahlakt war.
„Ich musste fehlen“, sprach sie, „'s ist klar,
denn ich darf ja noch nicht wählen,
ich bin ja noch nicht zwanzig Jahr'.“
Ein Eh'mann hat ein böses Weib,
das immer opponierte.
Was er nicht wollte, tat sie stets,
worauf er spekulierte.
Er selber hatte rechts gewählt,
drum gab er seiner Frau
'nen Zettel, der für links bestimmt –
und sagte ihr sehr schlau:
„Der Zettel ist für dich – der gleiche war für mich,
nun wähle du wie ich.“ – Sie dachte innerlich:
„Nu jrade nich, nu jrade nich – ich wähl' nach meiner Wahl,
du meinst links – nun wähl' ich Rechtsgedanken Strich
das ist mir ganz egal.
Nu jrade nich, nu jrade nich.“ –
Als sie ihm dann erzählt',
wen sie gewählt, da sagte er:
„Den hab ich auch gewählt.“ –
's kam der Soldat, der Fritze,
bei seiner Köchin an,
ein illustriertes Zeitungsblatt,
das zeigt er ihr alsdann.
„Hier sind die Kandidaten“
sagt er – sie ruft ihm zu:
„Ich wähle – von den Männer
versteh' ich mehr wie du.
Der ist zu jüdisch, – der zu fein –
der schaut so unabhängig drein –
ja hier sieht wie'n Kanzleirat aus, –
der sieht mir zu verheirat't aus.
Der ist zu dürftig von Gestalt –
der ist zu hässlich – der zu alt.
Doch halt, hier ist ja Scheidemann –
da hab ich meine Freude dran.
O Scheidemann, o Scheidemann,
nur du kannst für mich taugen.
Du hast 'nen Bart, der sehr spart
und schöne blaue Augen.
Hast auf der Nas' ein „Pinkenez“,
woran ich mich entzücke.
Bloß deine Glatze passt mir nicht,
ich schenk' dir 'ne Perücke.“ –
Ein Fräulein, pedantisch, hat ängstlich gedacht:
„Vielleicht wird beim Wahlakt ein Fehler gemacht.“
Drum hat sie, damit sie sich gar nicht blamiert,
den Wahlakt genau erst zuhause probiert.
„Also Mann geht aus dem Haus – erst gradeaus –
bis zur zweiten Querstraße – da kommt man zu der Straße,
wo das Lokal der Wahl,
wo man seiner Pflicht genügt, liegt.
Da kann man schon schauen – viele Männer und Frauen.
Da geht man ran – stellt sich an.
Da steht 'n Mann vor der Tür, von dem man's Papier,
das für die Wahl bestimmt, nimmt.
Nun kommt 'n Gang – da geht man entlang,
kommt ins Zimmer fix, macht 'nen Knicks.
Man sieht in Eck – ein kleines Versteck
und geht mit dem scheint – ein
nun heißt's aufpassen, Umschlag offen lassen,
bloß reinstecken – nicht dran lecken,
man lasse keinen in die Zelle, eh' man von der Stelle,
wo dies geschieht – schied.
Man öffnet den Vorhang – nach diesen Vorgang,
man geht nach vurne – tut den Schein in die Urne,
man sagt weiter nix – macht wieder 'n Knicks –
geht raus – aus.“ – – –
Und das probiert sie 'n ganzen Tag ohne Ruh', ohne Rast –
und auf einmal schlägt's acht und die Wahl ist verpasst.
Nun genug sei's mit dem Scherzen,
mög'n die Damen mir verzeih'n,
denn ich nannt' nur Ausnahmefälle –
nicht die Regel soll es sein.
Die meisten Frauen all'zusammen
sind reicht so weit – schon allzumal ung
drum soll zum Schluss mein Lob entflammen:
„Ein dreifach Hoch der Damen-Wahl!“

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