1. Ein junger Gelehrter im Zimmer drin,
– draußen scheint die Sonne –
er schreibt und schaut auf die Bücher hin,
– die Nachtigall schlägt voller Wonne. –
Er sagt: „Mein Wissen ist meine Welt!
Was nützt die Liebe, was nützt das Geld,
was nützt das Küssen und Kosen?“
– Und draußen blühen die Rosen!
2. Es schildert ein Dichter des Lebens Not,
– er sitzt auf gepolstertem Sessel –
er schreibt ein Stück: „Das tägliche Brot“,
er speist alle Tage bei Dressel. –
„Wer reich ist“, so schreibt er voller Wut,
„der teil’ mit der Armut sein Geld und Gut,
ja, helfen müßte so mancher!“
– Und trinkt dabei Champagner.
3. Es sitzt eine Mutter im Frauenverein,
– ihr Kind, das liegt zu Hause. –
Sie sagt: „Laßt vor allem uns Mutter sein!“
– Ihr Kind schreit ohne Pause. –
Sie sagt: „Wir helfen, wo’s nötig ist,
und wo eine Mutter ihr Kind vergißt,
da treten wir kühn in die Bresche!“
– Ihr Kind braucht reine Wäsche!
4. Es hat ein Professor ein Weib gefreit,
– sie schielt nach einem andern! –
Er hat zum Lieben nur wenig Zeit,
– man sieht zum zweiten sie wandern. –
Er sagt: „Meine Arbeit läßt mich nicht frei,
bin selten zu Haus – doch mein Weib ist treu
hält nimmermehr sich ’nen Geliebten!"
Da küßt sie grade den siebten!
5. Klein Elschen einst sechs Jahre war,
– fürcht’t sich vorm schwarzen Manne. –
Fein Elschen wurde dreizehn Jahr,
– fürcht’t sich vorm Weihnachtsmanne. –
Jetzt ist sie zwanzig – verkehrt sehr viel
mit jungen Herrn – und trotzdem will
sich ihre Furcht nicht vermindern,
– jetzt fürchtet sie sich vor Kindern!
6. Es sitzt ein Jüngling beim Mägdelein,
– sie wünscht: „Möcht’er mich küssen!“ –
Er will ihr was sagen, doch sie sagt: „Nein!“,
– und möchte’s doch gerne wissen! –
Jetzt küßt der Jüngling das Mägdelein.
Nun fängt sie mörderisch an zu schrei’n
und ruft: „Mama!“ ohne Pause.
– Und weiß, die ist nicht zu Hause!