Bis hierher und nicht weiter!
Original-Couplet von Otto Reutter

Teich/Danner Nr.139

1.
Ein Herr lernt auf dem Maskenball
ne junge Dame kennen
und fühlt sein leicht entflammtes Herz
für Sie in Lieb' entbrennen.
Er trinkt mit ihr auf du und du,
sie geht drauf ein und lacht dann. –
Dann hat er sie um Mitternacht
Erwartung froh nach Haus gebracht.
Sie kommen vor der Türe ein, –
da sagt sie zum Begleiter:
„Nun kannst du geh'n, ihr wohnt mein Mann –
bis hierher und nicht weiter!“

2.
In unserem Lande wechseln oft
die wohnen Diplomaten.
Es geht viel schneller hier bei uns,
als wie in andern Staaten.
Besonders wer von Adel ist,
der avanciert in kurzer Frist,
wird 1, 2,3, ein General,
Minister oder Feldmarschall.
Doch bald geht dann die Sache schief.
Es naht vergnügt und heiter
Lukanus mit dem Abschiedsbrief:
„Bis hierher und nicht weiter!“

3.
ihr Lieben Frau'n, ich bitte euch,
lasst doch das enge Schnüren –
dann werdet ihr, ich Wette drauf,
gleich ne Erleicht'rung spüren.
Denn so'n Korsett, das drückt und zwängt,
nehmt euch die Luft weg, es beengt –
und dann beim Essen, – wie fatal, –
verschafft es euch die größte Qual
deshalb erspart euch die Tortur,
macht eure Taille breiter –
das ganze Essen rutscht ja nur (auf die Taille zeigend)
Bis hierher und nicht weiter!

4.
ne Maid, in einem Alter, wo's
schon mit der Jugend hapert,
hat endlich sich mit Ach und Krach
nen Bräutigam gekapert.
Den lässt sie nun nicht locker mehr –
sie hegt und pflegt ihn täglich sehr,
bis er, von Dankbarkeit entflammt,
ihr sagt: „Kommt mit auf's Standesamt!“
Doch vor dem Standesamt, – oh weh! –
Wird er ganz was, – dann schreit er:
„Ich hab mir's überlegt, – ich geh
bis hierher und nicht weiter!“

5.
Von einer kleinen Garnision
hat man jetzt viel gelesen –
doch ist das Urteil wohl zu hart
und ungerecht gewesen.
Ein Gott ist zwar der Leutnant nicht,
doch ist er auch kein Bösewicht, –
er ist ein Mensch, die alle hier,
hat seine Fehler, grad wie wir –
im Frieden ist er lebensfroh,
im Krieg ein tapferer Streiter –
drum hört jetzt auf und schimpft nicht so –
bis hierher und nicht weiter!

6.
Viel Schaden haben schon gebracht
die deutschen Kolonien.
Was Deutschland draußen angeflickt,
ist selten gut gediehen.
Um jeden jungen, deutschen Held
ist's schade, der da draußen fällt.
Nutzt uns ne solche Kolonie?
Das Echo lautet darauf: oh nie!
Drum, liebes Deutschland, sei's genug, –
mach dich nun nicht mehr breiter –
und werde mal durch Schaden klug.
Bis hierher und nicht weiter!

7.
Von einer Barfußtänzerin
hatt' ich schon viel vernommen.
Drum bin ich auch mit meinem Freund
mal zu ihr hingekommen.
Der Vorhang hoch – sie kommt heraus,
zieht sich zuerst die Strümpfe aus –
tanzt barfuß vor dem Publikum –
jedoch mein Freund bleibt still und stumm.
Bei dem war die Enttäuschung,
denn voll Entrüstung schreit er:
„Die zeigt ja ihre Beene blos
bis hierher und nicht weiter!“

8.
Graf Bülow ist als Diplomat
sehr biegsam und geschmeidig –
und wenn er jemand nützen kann,
so tut er's gern und freudig.
So hat er jüngst nen Paragraph,
der g'rade das Zentrum traf,
schnell aufzugeben sich beeilt.
Die Meinung ist nun sehr geteilt.
Der Bismarck hätt' das nicht gemacht,
vielleicht war der gescheiter.
Der hätt' die Grenze scharf bewacht.
„Bis hierher und nicht weiter!“

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