Das wär noch was Neues fürs Varieté

Original-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 164

1.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Oft hört man die Direktoren klagen –
's gibt nichts Neues mehr, hört man Sie sagen.
Doch ich stillte gerne ihren Kummer,
ich hätt' Ideen für manche neue Nummer.
So zum Beispiel, wenn man Ruhstrat nähme,
wenn der hier als Kartenkünstler käme –
wie man dann um die Billette rauft,
jeden Abend wäre ausverkauft.

2.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Als Verwandlungskünstler sondergleichen
wär mit Wolzogen viel zu erreichen.
Erst stand er als Dichter auf dem Zettel,
hierauf kam er mit dem Überbrettl.
Dann ging er mit seiner Oper pleite –
und als Schauspieler, da geht er heute –
und im nächsten Jahr, ich wette drauf,
macht der Herr 'ne neue Pleite auf.

3.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Ein Dresseur, der würde imponieren.
Man müsste Roosevelt mal engagieren.
'nen russ'schen Bär und'nen japan'schen Tiger
brächt' er mit und bliebe schließlich Sieger.
Ja, er bändigt sie mit viel Courage –
dabei kost't der Mann kein'n Pfennig Gage.
Er sagt: „Für sowas nehm ich gar kein Geld,
ist 'ne Kleinigkeit für Roosevelt.“

4.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Ein Gedächtniskünstler wer was feines.
Aber nehm'n Sie nur nichts allgemeines.
Nehm'n Sie 'n paar moderne Komponisten,
die sich stets mit neuen Plänen brüsten.
Dabei stehl'n die Kerle wie die Raben –
was die Künstler für'n Gedächtnis haben
für den Offenbach und für den Strauß –
(auf den Pianisten resp. Kapellmeister zeigend.)
Na, die Anwesenden schließ ich aus.

5.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Auch ein Zauberer wär anzupreisen.
Da wurde ich direkt nach Russland reisen
und zum Zaren sagt ich: „Schick mir'n Großfürst,
bist ja froh, wenn du die Sorte los wirst.“
Der wurde zaubern hier, dass wär ein Jubel.
Man gibt den Großfürst dann 10.000 Rubel
in die Hand für einen guten Zweck –
und im handumdrehen sind sie weg.

6.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Engagier'n Sie den Saharakaiser. –
Ich möchte wetten, der macht volle Häuser.
Schreib'n Sie an den Mann: „Komm her – denn siehste,
's ist ja doch zu wüste in der Wüste.“
Ja, vielleicht erhört er dann ihre Bitten –
käm auf dem Kamel hereingeritten. –
Da würd'n die Leute gar nicht klug dabei,
ob Sie ein Kamel seh'n oder zwei.

7.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Man müsste Delcassé aus Frankreich holen,
der müsst als Clown die Leute hier verkohlten.
Auch 'ne Luftnummer wär gut, auf Ehre! –
Nehm'n Sie sich sechs „Vorwärts-Redakteure“.
Und ich Wette darauf – 's ist ein Vergnügen
hier zu sehen, wie die Herren fliegen –
ja, sie fliegen durch das ganze Haus,
und wenn Bebel kommt dann flieg'n Sie raus!

8.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Fürst von Bülow würde sehr respektvoll
hier begrüßt – die Nummer wär effektvoll.
Wenn der käme als Improvisation,
denn er ist ein guter Rezitation.
Podbielski müsste auch erscheinen,
käm' zuerst mit lauter deutschen Schweinen,
und ein Bauchredner ist er auch,
denn er spricht sehr oft von seinem Bauch.

9.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Bring'n Sie mal als Humoristen heute
den Graf Pückler raus – da schrei'n die Leute,
wenn der los liegt so in vollem Grimme,
denn der Kerl, der hat 'ne Bärenstimme.
Ja, zum Schluss müsst er, das wär zum Lachen,
mit den kleinen Cohn 'nen Ringkampf machen –
und gewinnt der Graf, kriegt er als Preis
auf dem Kopf 'ne Portion Pückler-Eis.

10.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Als Soubrette käm mit froher Miene
die Prinzessin Chimay auf die Bühne.
Sie singt nicht hoch – doch das ist nicht verdrießlich,
dafür sinkt sie immer tiefer schließlich.
Ich hab gehört, sie soll ein Knäblein haben –
als da capo käm' Sie mit dem Knaben,
denn so'n Wunderknabe zieht wie toll –
der macht alleine schon 's Theater voll.

11.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Etwas Neues wär für diesen Rahmen
ein Ensemble von zehn Haremsdamen.
Der Sultan tät's – man müsst' ihn nur gut spicken.
Er braucht ja nicht die allerjüngsten schicken.
Falls die Jugend schon so halb entwichen,
werd'n die Damen etwas angestrichen,
dann sind Sie abends jung mit einem Mal,
denn von weitem täuscht das kolossal.

12.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Und ein Hungerkünstler würde recht sein.
Doch sein Hungern müsste wirklich echt sein.
Er müsst' reell sich's Essen abgewöhnen.
Nehm'n Sie mal so'n Lehrer aus Trakehnen.
Ja, der wurde 's Hungern gut vertragen. –
Wenn Sie den so nach 4 Wochen fragen,
wie's ihm geht, dann sagt er voll Gemüt:
„'s ist gegen früher gar kein Unterschied.“

13.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Eine große Menagerie hier oben
mit vielen Tieren würde jeder loben.
Wie man's macht, das sag ich Ihnen gerne:
hol'n Sie 'n Unteroffizier aus der Kaserne.
Der muss hierher mit einem Schock Rekruten.
Wenn der Unt'roff'zier dann zehn Minuten
schimpfen tut mit seiner Kompanie –
Bums – dann hab'n Sie die Menagerie.

14.
Es fehlt oft was großes neues am Varieté. Ich hab 'ne Idee.
Sonst bringt man zum Schluss den Biografen,
dunkel wird's , da könn'n die Leute schlafen.
Bring'n Sie zum Schluss mal den Finanzminister.
Ein sehr großer Rechenkünstler ist er.
Der müsst ihr die Zahlen runterleier. –
Wenn er dann anfängt von den neuen Steuer,
brauch#n Sie gar nicht sagen: „Jetzt ist's aus!“
Da laufen die Leute schon von selber raus.

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