Frau Germania
(Da fällt mir immer wieder leider stets mein Erster ein)

Original-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 238

(Der Vortragende sitzt, als Frau Germania kostümiert, auf einem Sessel. Links eine Liege, darin ein Kongoneger-Baby mit langer, weißer Zipfelmütze; rechts ein Tisch, darauf liegt eine Krone, davor steht ein Schwert und ein Schild)

1.
Ich weiß nicht, ob sie nicht erkennen –
ich bin die Frau Germania.
Vier Männer hatt' ich schon – vier Kanzler –
jetzt ist schon längst der fünfte dar.
Ich seh', wie hier die Frauen lächeln,
weil ich so sehr verändert mich.
Ich bitt' – haben Sie fünf Männer,
dann seh'n Sie grad so aus, wie ich.
Ach, diese Männer – diese Männer –
fünf hinter'nander hat kein'n Zweck.
Bin kaum einundvierzig Jahre
und ich krieg' schon graue Haare –
habe Runzeln schon – oh Schreck! –
Und die Taille, die ist weg.
Ja, als den Ersten ich geseh'n,
da war ich jung, – da war ich schön –
und er so männlich und so stark –
zwar etwas bissig, doch voll Mark.
Hab' oft an ihn gedacht
bei Tag und auch bei Nacht – –
da fällt mir immer wieder leider stets mein Erster ein –
den hab' ich echt geliebt – entschloss ich in mein Herze ein.
Der hat mich gemacht, – denn früher war schwach und klein.
Mein Schwert, mein Schild und mein Kostüm –
ja, selbst die Krone ist von ihm.

2.
Mein Erster ging – er musste gehen,
der wack're Mann der alten Zunft.
Ich nahm den zweiten, weil ich musste,
doch nicht aus Liebe – aus Vernunft.
Von dem hab' ich nicht viel bekommen, –
ich ließ ihn nach zwei Jahren zieh'n –
und nur noch ein Caprivizipfel
erinnert manchmal mich an ihn.
Ach, mein Otto – bleibt mein Motto –
habe stets an ihn gedacht.
Hab' von ihm so viel bekommen –
hab' durch ihn so zugenommen.
Alles, was er mir vermacht,
hab'n die andern durchgebracht.
Mein Dritter war ein kleiner Mann,
ging mir nicht bis ans Herz hinan.
Er sprach zu mir in sanftem Ton:
„Sei froh, du hast ja hohen Lohn.“ (Hohenloh'n)
Doch ich hab nie gelacht,
hab nur an ihn gedacht.
Es fiel mir immer wieder leider stets mein Erster ein.
Der wollt' so gern bis an sein Ende immer bei mir sein.
Er schickte täglich heimlich mir 'nen Brief ins Kämmerlein.
Und immer schrieb er mir aufs neu:
„Germania, ich bleib dir treu.“

3.
Mein Vierter trug im Kind ein Grübchen,
war elegant, galant und schön,
sprach immer lächelnd in Zitaten –
hätt' ich die Taten nur geseh'n.
Er schenkte mir von einem Freunde
Brillanten aus der Kolonie.
Gott, für 'ne Ehe von 10 Jahren
ist das 'ne kleine Galant'rie.
Was ich ausstand – in dem Hausstand –
er hatte selten Geld für mich.
Alles wurde mir verteuert,
Licht und Essen ward besteuert.
Als in größter Sorge ich,
ließ mein Bernhard mich im Stich.
Sprach lächelnd: „Ich kann nichts dafür.“
Ja, – lächelnd kam er einst zu mir.
Und ging mit lächelnden Gesicht –
die wahre Liebe ist das nicht.
Oft hab' ich mir gedacht:
Hätt' Otto das gemacht?
Dann fällt mir immer wieder leider stets mein Erster ein.
Als dann der Fünfte kam, da sagt' ich: „Bethmann, tret' man ein.
Du bist der größte nicht, jedoch du wirst am längsten sein.
Ich dacht', als du mein Herz gewannst: O lieb', solang du lieben kannst.
(Wenn das Nachspiel verklungen ist, singt der Vortragende nach der Melodie des Nachspiels)
„Lang, lang, ja lang, lang ist – er.“

4.
Mein Fünfter ist ein Philosophe.
Er denkt an mich bei Tag und Nacht.
Einst kam er und er sagte freundlich:
„Ich habe dir was mitgebracht.“
Er bracht' 'nen kleinen Kongo-Neger
und sprach mir: „Ich lieb' dich heiß.
Der kleine Neger in den Windeln
kann dir's beweisen schwarz auf weiß.“
Dann sprach Hollweg: „Lass den Groll weg –
Liebe Frau, nur nicht geknurrt.
Nimm ihn hin, den jüngsten Sprossen –
wir hab'n ein Kompromiss geschlossen.
(Den Kongo-Neger in der Wiege aufdeckend und auf ihn zeigend)
Der Wechselbalg, es ist absurd,
ist 'ne Kompromiss-Geburt.
Und nun soll ich plötzlich Mutter sein!
Der frisst und säuft und bringt nichts ein.
O Theobald, wo sage mir:
Warum kriegt'so 'n Kind von dir?
Oft hab' ich mir gedacht: (auf das Kind zeigend)
Hätt' Otto das gemacht?
Dann fällt mir immer wieder leider stets mein Erster ein.
Ich fürcht', mein Fünfter, das wird auch bald abgekanzelt sein.
(Die Zipfelmütze des Kongo-Negers hochhaltend)
Dann lässt er mich mit meinem Kongo-Zipfel ganz allein.
Dann muss ich mir den Sechsten frei'n –
O, möcht' er wie mein Erster sein.

(Wenn ein Vorhaben vorhanden, geht der Vortragende am Schluss des Couplets nicht ab, sondern bleibt bis der Vorhang gefallen ist sinnend sitzen)

Anm.: sollte beim Vortrage dieses Couplet ein anderer Kanzler am Bruder sein, so singe man in Strophe 1:
Fünf Männer hatt' ich schon – fünf Kanzler
jetzt ist schon längst der sechste da usw.

In Strophe 4 beginne man:

Mein Fünfter war ein Philosophe
er dacht' an mich bei Tag und Nacht

Usw. bis zum Refrain:

Dann fällt mir immer wieder leider stets mein Erster ein.
Ich wusst', mein Fünfter, der wird auch bald abgekanzelt sein.
Ließ er mich mit meinem Kongo-Zipfel ganz allein
drum musst' ich mir den Sechsten frei'n.

Für die Aufführung empfiehlt die Verlagshandlung folgende Requisiten zu beigesetzten Preisen (Porto und Verpackung extra):
Germania-Brustpanzer 3,50 Mk
Germania-Perücke 2,75 Mk
Schwert 1,10 Mk
Reichskrone 1,30 Mk
Schild auf Pappe 0,75 Mk
Neger-Baby-Maske mit Zipfelmütze 0,50 Mk

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.