Warum nicht gleich so?
Original-Vortrag. Text und Melodie von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 362

1.
Ein Ehepaar, –
verheirat't war's schon dreißig Jahr,
es ist doch klar,
dass er schon etwas lässig war.
„Lass dich verjüng'n!“
Sagte sie, – schickt ihn zum Doktor rein.
Dort setzt man ihm 'ne neue Drüse ein.
Er kam nach Haus,
sah blühend aus,
voll Energie.
Er küsste sie.
's war ein Genuss.
Ihr drang der Kuss
so stark, so fein,
durch Mark und Bein.
Sie schmiegt sich ran an ihn und sagt voll Liebespein:
„Warum nicht gleich so?
Du hast ja neue Leidenschaft,
warum nicht gleich so?
Mehr Leidenschaft, die Freuden schafft.
Warum nicht gleich so?“
Er aber denkt: „Es tut mir leid,
wenn du dich jetzt nicht auch vor jüngst, dann schafft's mir keine Freud'.“

2.
Ein Jüngling liebt
ein wohlerzog'nes Mägdelein.
Im Elternhaus
besucht er sie Tag aus, Tag ein.
Im Hauskleid nur
sieht er erhüllt sie vor sich stehn,
und hätt' so gern was Näheres geseh'n.
Da geht sie aus,
er trifft sie drauss',
modernes Kleid, (nach einen zeigend)
der Ausschnitt weit, (nach unten deutend)
Rock bis hierhin,
die Bluse dünn,
der Busen prall,
das war sein Fall!
Er sagt begeistert – und beschaute sie überall:
„Warum nicht gleich so?
Du bist 'ne Frau nach mein'm Geschmack,
warum nicht gleich so?
Ich kauf' die Katze nicht im Sack.
Warum nicht gleich so?“
Die Frau'n verhüll'n sich heut' zu Haus,
doch zieh'n sie sich zum Ausgeh'n an, dann ziehen sie sich aus.

3.
Ich kannt' 'nen Mann,
so'n richtigen Pantoffelheld,
den jede Frau
für einen dummen Stoffel hält.
Hat nie gemuckst –
doch eines Tag's, da hat's gekracht,
auf einem Ball, da ist sein Mut erwacht,
'nen andern Mann
sah sie dort an
sie tanzt mit ihm,
Tat sehr intim.
Da gab's 'nen Streit,
er tobten schreit,
hat sich ermannt,
erhebt die Hand – – –
doch, statt empört zu sein, der sagt sie liebtentbrannt:
(recht zärtlich)
„Warum nicht gleich so?
Du bist ja 'n Mann, wenn du so streit'st!
Warum nicht gleich so?
Bist ja reizend, so gereizt!
Warum nicht gleich so?
Ist der entzückend, so'n Skandal!
Jetzt tanz' ich noch einmal mit ihm, dann tobst du noch einmal!“

4.
Ein alter Mann
nahm sich zur Frau 'ne junge Maid.
„Hätt' ich 'nen Jung'n,“
so seufzt er oft voll Herzeleid.
Sie schaut ihn an
und denkt, von Sehnsucht ganz durchdrung'n:
„Du wünschst 'nen Jung'n, ich wünsch' mir auch 'nen „Jung'n“.
Sehr lange schon
wünscht er 'nen Sohn.
Voll „Söhnsucht“ ging
zum auf der flink.
Der gab den Rat:
„Schick' sie ins Bad.“
Sie fährt voll Freud' –
bleibt lange Zeit – – –
da kam der Storch ins Haus – er sagt Vollseligkeit:
„Warum nicht gleich so?
Jetzt steh' ich stolz als Vater hier,
warum nicht gleich so?
Warum kam denn der Storch nicht früh'r?
Warum nicht gleich so?“
Da sagt sie lächelnd zum „Papa“:
„Hätt'st du mich früher fortgeschickt, dann wär er früher da.“

5.
Die Inflation
hat manchen Armen reich gemacht.
Doch hinterher
ward alles wieder gleich gemacht.
Ein junger Mann
ward reich und tobt sich gründlich aus.
Sein liebes Weib ist er allein zu Haus.
Dann ward er arm,
der Mädchenschwarm,
der blieb nun aus.
Er saß zu Haus,
sah seine Frau
erst jetzt genau
musst ihr gesteh'n:
„Du bist sehr schön.“
Sie sagt verschämt: „Das hatt'st du wohl noch nicht geseh'n?
Warum nicht gleich so?
Erst liebst du fort bei Tag und Nacht,
warum nicht gleich so?
Die Armut hat uns reich gemacht.
Warum nicht gleich so?“
Sie geht zur Ruh' und sagt „Bleib' da,
und schweif' nicht in die Ferne mehr, denn's Gute liegt so nah.“

6.
Ein Gatte spricht:
„Ich liebe keinen Bubikopf.“
Er sagt zur Frau:
„Trag' langes Kleid und lange Zopf!
Verstand ist kurz,
wenn langt das Haar, das ist bekannt.
Behalt' dein Haar und lass mir den Verstand.“
Sie kriegt sich sehr,
schleicht zum Friseur, (auf den Kopf deutend)
der schneidet's weg.
Dann kauft sie keck
ein Herr'nkostüm
und geh zu ihm.
Der Mann erschrickt,
als er's erblickt,
doch bald gefällt sie ihm – nun sagt er ganz entzückt:
„Warum nicht gleich so?
Da hab' ich meine Freude dran,
warum nicht gleich so?
Siehst ja bezaubernd aus, wie'n Mann!
Warum nicht gleich so?
's klingt arrogant, doch 's muss heraus:
Je mehr die Frau dem Manne gleicht, je schöner sieht sie aus!“

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