Original-Potpourri von OTTO REUTTER.
Teich/Danner Nr.11
Freuet Euch, Ihr lieben Leuten Dass ich zu Euch komme heute.
Meine Heimath liegt noch hinter Palästina:
Denn ich bin der grosse Li-Hung-Tschang aus China,
ja, Ich bin ein Vice-König,
Und das ist fürwahr nicht wenig.
Schon von weitem, da erkennt mich wohl ein Jeder
An der gelben Jacke und der Pfauenfeder.
Doch diese gelbe Jacke
Trug ich nicht jederzeit;
Nein — bei dem Krieg mit Japan
Hatt ich viel Herzeleid.
Man zog mir aus die Jacke
Nun war ich übel dran —
Denn nun war ich auf einmal
So’n ganzer kleiner Mann;
jetzt war der Li-Hung-Tschang
Ein ganzer kleiner Mann.
Mein Kaiser war mir böse,
Weil China nicht gewann.
Doch nach dem Krieg, da bracht' man
die Jacke mir herbei —
Sie war ganz frisch gebügelt,
Sie war so gut wie neu
Mein Kaiser zog mir selber
Die Jacke wieder an —
Nun wurde ich wie früher
So’n ganzer grösser Mann.
Jetzt ist der Li-Hung-Tschang
So’n ganzer grosser Mann;
Man sieht mir die Blamage
Von früher nicht mehr an.
Drum dacht' ich — du machst dich
Ganz leise — auf die Reise —
Dann sieht ein Jedermann:
Er hat die Jacke wieder an.
Und als ich — nun anfing
Und wegging — von Nanking
Nach Peking, da sagte
Mein Kaiser noch zu mir:
Mein lieber Li:
Vergiss mich nie!
Mein lieber Hung:
Sei auf dem Sprung!
Main lieber Tschang!
Bleib nicht zu lang,
Sonst wird mir bang'
Um meinen Li-Hung-Tschang!
Nun zog der grosse Li-Hung-Tschang
In alle Welt umher;
Der schöne Name Li-Hung-Tschang
Der ward jetzt popullär
Man sagte sich:
Der Li-Hung-Tschang
Der hat 'ne Menge Geld:
Doch Li-Hung-Tschang, der Li-Hung-Tschang
Hat nirgends was bestellt
Zuerst sah man mich zieh’n
Zur schönen Stadt Berlin.
Ich ging zur Ausstellung,
Und ganz Berlin war auf dem Sprung.
Hierauf zog ich im Nu
Hinaus nach Fried richsruh,
Wo ich den Bismarck sah.
Und fröhlich rief ich da.
Ja, so zwei, wie wir zwei,
Giebts keine zwei mehr.
Wir trugen alle beide
Die Jacken nicht mehr,
In früherem Glanze
Erstrahlen wir heut,
Denn wir sind doch zwei ordentliche Leut’
Von Friedrichsruh indessen
Zog ich zum Krupp nach Essen,
Der mich zum Essen lud.
Das Essen war sehr gut:
Jedoch mit den Kanonen
Soll mich der Krupp verschonen.
Ich zog mit frohem Sinn
Sofort nach Hamburg hin.
Dort sah' ich im Cirkus Renz die Balleteusen;
Ach! das wir so was für uns Chinesen.
Die schönste Balleteuse nehm’ ich mit auf meiner Tour
Und stell' sie meinem Kaiser auf den Tisch ab Nippfigur.
Und so zieh ich durch die Welt,
Hab mein' Sach' auf nichts gestellt:
Jedes Land, in dem ich bin,
Stell' ich als das beste hin.
Ueberall, da sag ich gleich:
Ja, dies ist das beste Reich
Komm' ich in ein andres an,
So sag' ich ganz dasselbe dann;
Noch einmal noch einmal, noch einmal
Sage ich dasselbe dann;
Und gebe ich zum Land hinauf
Lache ich sie alle aus.
Ha ha ha ha ha ha!
Da zieh' ich durch die ganze Welt,
So weit die Sonne scheint,
Und wer mir Geld für China pumpt,
Der ist mein bester Freund.
Mein Kaiser, der hat wirklich nix,
Das hat er mir geschwor'n -
Und wo nix ist, da hat sogar
Der Kaiser's Recht verlor'n.
Zwar bin ich selbst - das ist bekannt -
Ein grosser Millionär -
Mein Herz gehört dem Vaterland -
Doch's Geld geb' ich nicht her,
Ich zieh' durch alle Länder
Und frage jeden fix -
Nur in Italien bin ich still;
Denn die hab'n selber nix.
Deshalb kam ich zurück in diesen Saal.
Nun bitt' ich: Gebt für China Kapital:
Aber Zinsen kriegt Ihr nicht - geb Euch keine Müh -
Die schlagen wir auf's Kapital, das bezahl'n wir nie.
Und hab' ich's Geld, kehr ich nach China zurück,
Da kommt mein Kaiser und fragt mich im Augenblick
In welchem Lande herrscht Sitte und Kultur?
Dann sag' ich: Majestät! Da kenn' ich Eines nur:
Deutschland, Deutschland über Alles,
Ueber Alles auf der Welt.
Ueberall herrscht grosser Dalles,
Nur in Deutschland hat man Geld.
Deutschland hat die meisten Steuern
Und das meiste Militär!
Deutschland soll mein Kaiser sehen --
Nächstens kommt er selber her!