Wie bei uns in Gardelegen
Ach, ich konnt es kaum erwarten,
Wieder in Berlin zu sein,
Wollt' von meinem Sommergarten
In den "Wintergarten" rein -
Und ich sah: 's ist allerwegen
Wie bei uns in Gardelegen.
Häuser, die zum Himmel ragen;
Neue Läden weit und breit.
Heut' Eröffnung - in acht Tagen
Folgt der Offenbarungseid -
Dann erst bringt's Geschäft den Segen,
Wie bei uns in Gardelegen.
Schupos schützen uns vor'm Laster -
Auf den Straßen Mensch an Mensch -
Buddelei - zeriss'ne Pflaster -
Und das Wetter - wetterwend'sch
Beinah' täglich etwas Regen,
Wie bei uns in Gardelegen.
Wohnungsmangel - ohne Schonung
Pfercht zusammen man die Leut.
Nur 'ne Heirat schafft 'ne Wohnung,
Manches Brautpaar zankt sich heut -
Sie dafür und er dagegen,
Wie bei uns in Gardelegen.
"Schlechte Zeiten!" - immer wieder
Hört man's jammern hier und da
Trotzdem Tanz - die neu'sten Lieder -
"Heidelberg" - "Valencia!"
Tönt's uns überall entgegen,
Wie bei uns in Gardelegen.
Und die Mädchen - immer schöner
Werden sie hier ebenfalls
Ihre Kleider - immer kleener -
Haare - knapp bis an den Hals -
Grund genug, sich aufzuregen,
Wie bei uns in Gardelegen.
Und die Männer? - sehr geschäftig -
"Alters-Abbau?" - jibt es nich! -
Jeder fühlt sich jung und kräftig -
Auch der Ält'ste möchte sich
Nicht zur alten Garde legen,
Wie bei uns in Gardelegen.
Nun die letzte meiner Glossen:
Hochbefriedigt konnt' ich seh'n:
Ein Uhr nachts wird zugeschlossen,
Muß die "Weltstadt" schlafen geh'n -
Jeder muß der Ruhe pflegen,
Wie bei uns in Gardelegen.