Der General-Kunstmarschall

Original-Szene von Otto Reutter

Teich/Danner Nr.119

(Der Vortragende tritt in einem fantastischen General-Kostüm auf und trägt Puderperücke mit weißen Zopf. Er wird unterstützt von 6 als Rekruten angekleideten Statisten, welche die Namen Sudermann, Hauptmann, Lehnbach, Menzel, Klinger und Siegfried Wagner tragen. Der Vortragende tritt zuerst allein auf)

Auftrittslied

Ich bin der General-Kunstmarschall,
schwärm für die Kunst auf jeden Fall.
Die ganze Kunst ist jetzt verhunzt.
Durch mich da kommt sie neu in Gunst.
So'n Künstler macht oft, was er will,
da fehlt der militär'sche Drill,
doch alle Künstler kommen schnell
durch mich jetzt unter Kuratel.
Geb'n Sie acht – wie's gemacht.
Wie ich die Leute instruier'.
Jeder tut – als Rekrut,
was ich ihm kommandiert.
Ich bin der General-Kunstmarschall,
stets militärisch ist mein Fall.
Nun gebet acht – ein jeder seh',
dort kommt die neue Kunstarmee.
(Die 6 Rekruten marschieren auf, defilieren an dem Vortragenden vorüber und machen halt. Der Vortragende kommandiert: Halt! Augen rechts!)

Couplet.

1.
Bitte sehr – schau'n Sie her.
Hier seh'n Sie Siegfried Wagner steh'n.
Schau'n Sie dort – an dem Ort
könn'n Sie den Klinger seh'n,
hier Lehnbach, Menzel und als dann
den Hauptmann und den Sudermann.
Ja, Hermann, hier hast du kein Glück,
du siehst, hier übe ich Kritik.
Ich bin der General-Kunstmarschall,
ich reformieren überall.
Nun Leute, steht mal ordentlich,
die ganze Richtung passt mir nich!

2.
Seh'n Sie den – vorne steh'n,
Jung Siegfried von der Wagnerei,
wie Papa – steht er da.
Dem alten Handwerk treu.
Doch meine Opern sind nicht fein,
's muss alles noch viel lauter sein.
Recht militärisch grob und barsch,
's muss klingen wie'n Parademarsch.
Ich bin der General-Kunstmarschall immer
lieb Pauken und Trompetenschall.
Mascagni der ist ein Genie,
der schrieb was von der Kavallerie!


3.
Malerei – ich sag's frei,
hab'ich seit langem auf dem Strich.
Diesen hier (auf Menzel zeigend) – Lob ich mir,
jedoch die andern nich.
Was ihr malt, ist nicht inter'ssant,
da malt doch mal 'nen Leutenant,
nen Oberst oder 'n General
oder malt doch mich einmal.
Ich bin der General-Kunstmarschall.
Was ihr malt, das ist nicht mein Fall.
Zivil zu malen ist nicht schwer,
die Kunst beginnt beim Militär!

4.
Sudermann – Schau mich an,
dein Bart muss ab, sass duld ich nicht.
Deine Dram'n – all zusamm'n,
sind viel zu bürgerlich.
Schreib doch mal'n Stück auf unser Reich,
mit Krieg und Sieg und Zapfenstreich.
Der wohl, mein lieber Sudermann,
für sowas wärest du der Mann.
Ich bin der General-Kunstmarschall.
Steht stramm, Gerhard, (auf Hauptmann zeigend)
sonst gibt's Krawall.
Die Brust heraus – den Bauch herein –
und sowas will nun Hauptmann sein!!

5.
(auf Klinger zeigend) schaun Sie an – dieser Mann
hat den Beethoven ausgehau'n.
Aber nie – fragt mich wie –
's ist grässlich anzuschau'n.
Da Lob ich mir die Siegsallee,
Zwei Dutzend Fürsten, weiß wie Schnee.
Die steh'n doch nicht bloß genial,
O nein, die stehn ooch scheen ejal!
Ich bin der General-Kunstmarschall,
doch immer schneidig, ist mein Fall.
Drum tönet, stolz mein Epilog:
der alte Zopf, er lebe hoch!

(Der Vortragende kommandiert: rechts um! Marsch! Und marschiert unter den Klängen des Refrains mit seinen „Rekruten"gravitätisch ab)

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