Der Lorbeerkranz der Tiere
Original-Vortrag von Otto Reutter
Teich/Danner Nr.279

1.
Kürzlich stritten sich die Tiere, wer in dieser schweren Zeit
wohl am meisten Nutzen bracht' dem Menschen schon –
und sie wanden einen Lorbeerkranz – den hielten Sie bereit.
„Diesen Kranz erhält der Würdigste zum Lohn.“
Und nun gackerte das Huhn: „Ich nütz' dem Menschen sehr – Ei, Ei! –
Habe zwar in letzter Zeit nicht viel zu tun.
Einst legt' täglich ich ein Ei – und jetzt in drei Wochen zwei –
doch das liegt am Menschen nur und nicht am Huhn!“
„Her den Kranz!“ – Brüllt da die Kuh – „ich nütz' dem Menschen mehr als ihr.
Meine mich ist zwar oft dünn jetzt, aber das liegt nicht an mir.
Nur der Säugling kriegt die beste und die vollste Milch durch mich.
Drum wird er auch stark und feste – und so'n Rindvieh oft, wie ich.“

2.
„Ich helf' draußen“ – sprach der Hund – „beim Roten Kreuz dem Militär“ –
„Und ich“ – sprach die Taube an – „bring' die Briefe her.“
„Gebt den Kranz mir!“ – Blökt das Schaf – „wer brächt' im Winter für das Heer
wohl die wolle her, wenn ich – das Schaf – nicht wär'!“
Hierauf sprach ein leises Läuschen: „Mein Verdienst ist nicht gering!
Bei 'nem Russen hab ich's Licht der Welt erblickt.
Der legt auf 'nen Preußen an – da fing ich zu beißen an,
hab gezwickt – und da hat der verkehrt gedrückt.“
„Schweig', du Laus!“ – Sprach da das Schwein – „weil mir allein der Lorbeer ziemt.
Jedes Ferkel ist heut selten, jede Sau ist heut berühmt.
Wer heut Schwein hat, der hat „Schwein“ –
ein Schwein gehört zum noblen Ton,
denn der Mensch, der schränkt sich ein –
jedoch das Schwein kommt in Pension.“

3.
Das Karnickel sprach: „Man züchtet mich, es ist 'ne tolle Zucht.“
Und die ganz breit von der „jut jebrat'nen Gans“,
selbst die Fische fingen an zu reden: „Wir sind sehr gesucht.“ –
Und der teure Hering wollt' den Lorbeerkranz.
Hierauf kam ein voll gefress'nes Viech, mit Backen voll bepackt,
und das sprach: „Ich komm' als Hamster in die Stadt,
komm' vom Lande angereist – bin, wie's heißt, meist feist und dreist,
denk' an mich nur, fress' mich sagt; wer hat – der hat!“
„Ei, da nützt du nichts im Kriege,“ hat der Hund ihn angebellt.
„Doch“ – sprach er – „ich werd' dem Mensch' als böses Beispiel hingestellt.
Sieht der meine Fressmanieren, schämt er sich und übt Verzicht,
darum hamstern nur wir Tiere – doch die Menschen hamstern nicht!“ –

4.
Und so sprach noch viele Tiere – nur das Pferd, stand in der Eck' –
seine drei Pfund Hafer fraß das stille Tier.
„Sprich, nützt du im Krieg nichts?“ Sprach da der dicke Hamster keck –
„Bist wohl unnütz, denn es spricht kein Mensch von dir.“
„Nun, so nenn' doch dein Verdienst“ so sprachen alle Tiere dann –
und das Pferd sprach schlicht: „Mein Dienst ist bald genannt.
Werde in den Krieg gesandt –
komme in den Schlachtenbrand –
und dort sterb' ich für des Reiters Vaterland.“ – – –
Und nun standen in der Runde alle ernsten Angesichts –
standen mit geschloss'nem Munde –
selbst der Hamster sagte nichts.
Und Sie neigten vor dem Pferde bis zur Erde ihren Schritt
und sie gingen leis' von dannen –
doch den Kranz nahm keiner mit. – – –

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