Komm' ich noch einmal auf die Welt!
Seelenwanderung-Couplet von Otto Reutter
Teich/Danner Nr. 209
1.
Man spricht und munkelt allerhand
Von Seelenwanderung.
Die Sache ist sehr int'ressant,
Beschäftigt alt und jung.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Tier:
So'n Tier lebt sorgenlos und hat's
Oft besser als wie wir.
2.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Werd' ich ein Marabu.
Ich steh' auf einem Bein und schau'
Dem Weltgetriebe zu.
Und wenn ich dann drei Stunden lang
Auf einem Beine steh',
Dann tu' ich's runter, und ich heb'
Das andere in die Höh'.
3.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Hahn.
Dann hab' ich dreißig Hühnerlein,
Die sind mir untetan.
Da leb' ich wie im Harem, denn
Ich herrsche ganz allein.
Bei all' den Hühnern kann ich dann
Der Hahn im Korbe sein.
4.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Möcht’ ich ’ne Biene sein.
ich schwärm’ ja für die Biene (Bühne),
Sonst käm' ich hier nicht ’rein.
Zu allen Blumen flög’ ich da
Und saug’ den Honig ’raus —
Und sing’ den ganzen Tag: „Mein Herz,
Das ist ein Bienenhaus.“
5.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Als Affe - das wird schön.
Ich sag' Ihn'n, solchen Affen
Hab'n Sie nopch nicht geseh'n.
Auf alle Menschen schau' ich dann
Voll Stolz und Hohn herab.
Sie müssen zu mir "Vater" sag'n -
Sie stamm'n ja von mir ab.
6.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Möcht' ich ein Karpfen sein.
Ich steck den Kopf zum Wasser raus,
Wenn's Wetter klar und rein.
Sobald es aber regnen tut
Dann unterlaß' ich das -
Dann kommt der Kopf in's Wasser rein,
Da werd' ich nicht mehr naß.
7.
Komm’ ich noch einmal auf die Weit
Als Eule, war’ famos.
Da schlafe ich den ganzen Tag
Und nachts, da zieh’ ich los.
Doch wenn mich jemand fangen will,
Brenn’ ich ihm einfach durch,
Leg’ mich ins Nest und ruf’ ihm zu:
„Raus aus der Eulenburg!“
8.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Da werde ich ein Schwan.
So’n Schwan ist sehr beliebt — der hat
Viel Gutes schon getan.
Ein Schwan zieht in dem Opernhaus
Den Lohengrin im Kahn —
Und außerdem, da schwant mir was
Von Leda mit dem Schwan.
9.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Als Adler, das wär' fein.
So manchem Menschen flög' ich da
Direkt ins Knopfloch 'rein!
Doch hat mich jeamnd nicht verdient,
Da ruf' ich wüend aus:
"Du hast ja schon 'nen Vogel!" - und
Dann flieg' ich wieder raus.
10.
Komm’ich noch einmal auf die Welt,
Möcht’ ich ein Mäuschen sein.
Weil man da manches sehen kann
Im stillen Kämmerlein.
Da schleicht der Fritz sich zur Marie —
Wenn er sie küssen will.
Dann guck’ ich zu und rühr' mich nie —
Da bin ich mäuschenstill.
11.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Pferd.
Ein Pferd ist heutzutage mehr
Als wie der Reiter wert
An jedem Denkmal seh’n Sie schon,
Wie man mich schätzt und ehrt.
Man schaut nicht nach dem Reiter hin,
Die Hauptsach’ ist das Pferd.
12.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Möcht’ ich ein Esel sein.
Sag’ stets I—A — was Andres fällt
’nem Esel selten ein.
Doch schlägt man mir ’ne Heirat vor.
Sag’ ich energisch: „Nein!“
Denn sagt’ ich da I—A — müßt' ich
Ein großer Esel sein.
13.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Mops
Manch alte Dame find’ ich da,
Der auf den Schoß ich hops’.
Doch wenn sie mich verhätscheln will,
Wird sie von mir verhöhnt.
Dann sag’ ich: „So was bin ich doch
Von früher nicht gewöhnt.“
14.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Floh.
Ich sitz am Arm, ich sitz' am Bein -
Ich sitz' auch anderswo.
Ich habe jetzt 'ne Braut gehabt -
Die ist mir nicht mehr gut,
Der hupf' ich dann zum Strumpf hinein
Und quäl' sie bis aufs Blut.
15.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Bär.
Laß' mich vom Hagenbeck dressier'n,
Das fällt dem gar nicht schwer. -
Dann bleib' ich dann zwei, drei Jahre da
Und wenn ich alles kann -
Rück ich ihm einfach aus
und fang für mich alleene an.
16.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Werd' ich ein Känguruh.
Die trag'n die Jungen mit sich 'rum,
Das mach' ich immerzu.
Und will meine kleiner Junge dann
Einmal nicht artig sein,
Schmeiß ich ihn 'raus und sag: "Bei mir
Da kommst du nicht mehr 'rein!"
17.
Komm’ ich noch einmal auf die Welt,
Da soll’n Sie mal was schau’n.
Da komm’ ich an als Klapperstorch,
Und ärgere die Frau’n.
Sagt eine: „Komm’, du gutes Tier!“
Da komm’ ich einfach nie —
Doch wenn sich eine fürcht’t vor mir,
Da komm’ ich viel zu früh.
18.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Komm' ich als Vogel Strauss.
Ich steck' den Schnabel in den Sand,
Das and're guckt heraus.
Und braucht meine Frau 'nen neuen Hut,
Dann ruf' ich fröhlich aus:
"Komm' her geliebtes Weibchen -
Reiß' dir 'ne Feder raus!"
19.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Dann werde ich ein Huhn.
Steh' auf der Hühnerleiter dann
Und habe nichts zu tun.
Ich lebe ruhig und legerè,
Leg' jeden Tag ein Ei -
Und Kackle etwas hinterher,
Dann ist der Tag vorbei.
20.
Komm' ich noch einmal auf die Welt,
Werd ich zur Wüste gehn.
Dort lauf' ich als Kamel herum
Und brauch' nicht hier zu steh'n.
Und will mich mein Direktor hol'n
Des abends zum Gesang,
Zeig' ich nach hinten hin und sag':
"Rutsch mir den Buckel lang."